Noch im 19. Jahrhundert war das Leben im Bergischen Land geprägt von wenig ertragreicher Landwirtschaft und anstrengender Industriearbeit in den zahlreichen Hämmern und Kotten. Was das für die Menschen damals bedeutete, bleibt für die Besucher im LVR-Freilichtmuseum Lindlar nicht bloß Theorie.
Waschen ohne fließend Wasser. Eimer aus Stroh. Lumpenrecycling. Wie soll das gehen? Besucher des Freilichtmuseums Lindlar werden überrascht sein, was es so alles gab und was den Alltag der Menschen anno 1900 im Bergischen Land bestimmte. Mit zahlreichen Ausstellungen in historischen Gebäuden holt das Museum auf etwa 25 Hektar Fläche die vergangenen 200 Jahre ins Gedächtnis zurück.
Umgeben von kleinteiligen Äckern, wie sie um 1900 im Bergischen Land typisch waren und die noch heute nach althergebrachten Methoden bewirtschaftet werden, sind Häusergruppen unterschiedlicher Zeitabschnitte um das Zentrum im Lingenbachtal versammelt. Die älteste Baugruppe, der Hof zum Eigen mit Wohnstallhaus, Backhaus und Scheune, stammt aus der Zeit um 1800. Im Weiler Steinscheid finden sich Schmiede und Stellmacherei aus den 1940er Jahren. Hier kommt gewiss nicht nur der Schmied, sondern auch sein Publikum gehörig ins Schwitzen, wenn er das glühend-heiße Eisen mit dem schweren Hammer in Form bringt.
Ausstellungen und Vorführungen
Denn im Museum wird auch gearbeitet. Laut wird es etwa in der Bandweberei, wenn sich der 150 Jahre alte, hölzerne Webstuhl in Bewegung setzt. Der Duft von frischem Brot zieht in die Nase, wenn der historische Holzofen in der Bäckerei endlich vorgeheizt ist. Und in der Seilerei lässt sich der Seiler beim „Schlagen“ von seinen Gästen gern zur Hand gehen. Sofern diese nicht gerade auf dem Wasserpfad selbst einige Kraftproben absolvieren oder überrascht feststellen, dass der Sattler gar keine Sättel fertigt.
Apropos: Die zahlreichen Dauerausstellungen in den historischen Gebäuden warten mit zahlreichen überraschenden Fakten auf. So erfahren die Besuchenden beispielweise, dass man aus Stroh sogar wasserdichte Eimer herstellen konnte, wie aus Lumpen Kunstwolle gewonnen wurde und warum wir überhaupt Fronleichnam feiern.
Wem das für einen Tag zu viel ist, der bleibt einfach in der „Museumsherberge“. Die rekonstruierte Scheune und Remise des Hofguts Dahl bietet Unterkünfte der besonderen Art. Schließlich befinden sich die Gäste im 19. Jahrhundert.